Johann Georg Fellinger         Gegenwart

1781 - 1816

Die welt versinkt in farbenlose Öde,

Der Sinn verschmilzt in des Genusses Fülle,

Die Ewigkeit liegt in der weiten Stille,

Geschlichtet ist des Lebens wilde Fehde.

 

In Frieden ruht das Menschenherz, und jede

Verborgne Kraft, und jeder stolze Wille,

Der Geist wirkt frisch in der gestärkten Hülle,

Die Kraft wird Tat, und der Gedanke Rede;

 

Und aus der Ruhe quillt ein reges Leben,

Ein Ganzes formet sich aus dunklen Bildern,

Die einst uns die Vergangenheit gegeben.

 

Die Seele will den Schmerz der Trennung mildern,

Das Schöne soll noch einmal abhin schweben,

Die Gegenwart im Spiegel uns zu schildern.

 

 

 

 

Johann Georg Fellinger         Zukunft

1781 - 1816

Wir schauen freudenahnend in den Spiegel,

Den uns die schlaue Gegenwart gestellet,

Doch nur ein kleiner Keis ist aufgehellet,

Der Mond beleuchtet einen Rasenhügel.

 

Da rauscht ein Genius mit leisem Flügel,

Vergessen ist, was unsern kelch vergället,

Die Gegenwart und Zukunft sind vermählet,

Und abgerissen liegt der Zeiten Siegel.

 

Es kehret wieder, was wir einst ersonnen,

Die Sinne schwelgen liebend in en Blüten,

Die Kräfte spinnen, was sie einst gesponnen;

 

Selbst die Vergessenheit muß das vergüten,

Was unter ihrem Winterhauch zerronnen,

Und Balsam jedem wunden Herzen bieten.